Seit 01.10.2016 gelten strengere gesetzliche Regelungen für AGB. Arbeitgeber sollten deshalb ihre Standard-Arbeitsverträge überarbeiten.
Ausschlussfristen sind wichtige Bausteine in Arbeitsverträgen. Allgemein werden im Arbeitsrecht die gesetzlichen Verjährungsfristen – die Regelverjährungsfrist beträgt drei Jahre – als zu lang angesehen. Insbesondere dann, wenn ein Arbeitnehmer ausscheidet und gegebenenfalls noch rückwirkend für drei Jahre Vergütungsansprüche etc. geltend macht, “kann einiges zusammenkommen”. Der Umstand, dass ein Mitarbeiter vorher Ansprüche nicht reklamiert hat, führt regelmäßig nicht zu einer Verwirkung oder dergleichen. Im Gegenteil ist es sogar so, dass dem Schweigen eines Mitarbeiters kein rechtlicher Erklärungswert zukommt. Erklärt beispielsweise ein Arbeitgeber, er zahle im laufenden Jahr keine Sonderleistung, und er gehe davon aus, dass der Mitarbeiter hiermit einverstanden sei, wenn dies nicht reklamiert werde, hat eine “Untätigkeit” des Mitarbeiters regelmäßig keine rechtlichen Auswirkungen; innerhalb der Verjährungsfrist kann der Mitarbeiter seine Ansprüche gleichwohl noch geltend machen. Die Vereinbarung von Ausschlussfristen, die Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen auf bis zu drei Monate abkürzen, liegt deshalb regelmäßig im Interesse des Arbeitgebers, der eine entsprechende Klausel in von ihm vorformulierten Arbeitsverträge aufnehmen sollte. Nicht zuletzt beinhalten Tarifverträge fast ausnahmslos solche Ausschluss- oder Verfallfristen.
Soweit tarifliche Regelungen, die Ausschlussfristen beinhalten, nicht quasi automatisch, z.B. einer Allgemeinverbindlichkeit, greifen, muss, wie gesagt, eine arbeitsvertragliche Vereinbarung erfolgen, sprich muss der Arbeitgeber entsprechende Klauseln in sein Vertragsformular aufnehmen. Dies mit der Konsequenz, dass auf ein solches Formular bzw. die fraglichen Regelungen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung findet und dementsprechend solche Klauseln nach den Maßstäben des AGB-Rechts zu prüfen sind.
Zum 01.10.2016 tritt eine Neuregelung im AGB-Recht in Kraft, die vor allem Arbeitgeber bei der Vertragsgestaltung betrifft. Im Rahmen der Verabschiedung des Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Regelungen wurde der Wortlaut des § 309 Nummer 13 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dahingehend geändert, dass anstelle der bislang maßgeblichen “Schriftform” nunmehr für Verbraucher “keine strengere Form als die ‘Textform’ vereinbart werden darf”. Wo die Schriftform bislang eine eigenhändige Unterschrift erforderte, ist im Rahmen der Textform nunmehr ausreichend, wenn der Erklärende eine lesbare Erklärung auf einem dauerhaften Datenträger, d.h. per E-Mail oder Telefax, abgibt.
Nach der gesetzlichen Neuregelung darf die Ausschlussfrist eine Erklärung zur Geltendmachung nur noch „in Textform″ verlangen; strengere Anforderungen – also “schriftlich” bzw. “in Schriftform” – sind unwirksam. Ausschlussfristen, die der Arbeitgeber in seinen Arbeitsverträgen ab dem 01.10.2016 verwendet, müssen die gesetzliche Neuregelung beachten. Vor dem 01.10.2016 abgeschlossene Arbeitsverträge müssen Arbeitgeber aber nicht anpassen, da die verschärfte gesetzliche Regelung nur für Verträge gilt, die nach dem 30.09.2016 abgeschlossen werden (Art. 229 § 37 Einführungsgesetz zum BGB [EGBGB]). Offen ist, ob die Rechtsprechung die nachträgliche Änderung bestehender Arbeitsverträge auch als neu entstandene Schuldverhältnisse wertet. Anlässlich von Nachträgen, Änderungen oder dergleichen sollte also eine entsprechende Klausel umgestellt werden.
Unterbleibt eine solche Anpassung, ist die Klausel bezogen auf Mitarbeiter unwirksam; diese müssen sich nicht an die fragliche Regelung halten lassen. Umgekehrt gilt diese aber gleichwohl für Ansprüche des Arbeitgebers. Auf die Unwirksamkeit eigener Klauseln kann sich nämlich ein Arbeitgeber nicht berufen!
Keine Auswirkung hat die Neuregelung auf arbeitsvertragliche Schriftformklauseln, nach denen Ergänzungen und Abweichungen vom Arbeitsvertrag nur “schriftlich” möglich sind: Der neue § 309 Nummer 13 BGB gilt nicht für Erklärungen, mit denen Parteien Verträge abschließen, sondern nur für Erklärungen, mit denen die Parteien ihre Rechte wahren. Auch bleiben Ausschlussfristen in Tarifverträgen wirksam, an Vorgaben des neuen § 309 Nummer 13 BGB sind Tarifvertragsparteien nicht gebunden.
Unangetastet bleibt im Übrigen das gesetzliche Schriftformerfordernis für Kündigungen und Auflösungsvereinbarungen nach § 623 BGB. Dieses ist grundsätzlich nur erfüllt, wenn die Erklärung eigenhändig im Original unterzeichnet wird. Die eigenhändige Unterschrift kann durch ein notariell beglaubigtes Handzeichen oder durch die qualifizierte elektronische Signatur bei einer elektronischen Erklärung ersetzt werden (§§ 126, 126a BGB).
Soweit noch nicht umgesetzt, besteht im Bereich arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen ohnehin Überarbeitungsbedarf im Hinblick auf das Mindestlohngesetz. Nach zwischenzeitlich wohl herrschender Meinung müssen Ansprüche auf Mindestlohn ausdrücklich von einer Regelung über Ausschlussfristen ausgenommen werden, da diese sonst unwirksam sein soll!
Einer der Schwerpunkte unserer Kanzlei liegt im Arbeitsrecht, und zwar unter anderem gerade im Bereich der Gestaltung von Arbeitsverträgen bzw. sonstigen arbeitsvertraglichen Regelungen.
Dr. jur. Ernst Mackh (Fachanwalt für Arbeitsrecht)